Sommertour 2024 Tag 41: bei den Thrakern

Zurück aus den bulgarischen Bergen auf die A1, die Richtung Sofia führt, war unser nächster Stop die zweitgrößte Stadt Bulgariens: Plovdiv 4️⃣4️⃣.

Die Stadt hat eine lange und wechselreiche Geschichte, deren Darstellung den Rahmen dieses Berichts sprengen würde, die aber hier nachgelesen werden kann.

Nachdem wir den Zugang zu unserem Übernachtungsplatz überlistet hatten, haben wir uns gleich zur Besichtigung der Altstadt von Plovdiv aufgemacht.

Wir haben uns bei unserer Besichtigungstour auf die Altstadt beschränkt und das war gut so.

Die malerische Altstadt gleicht einem rund um die Uhr geöffneten Freilichtmuseum.

Die hübschen Gassen sind kopfsteingepflastert und größtenteils autofrei.

Das römische Theater von Plovdiv gehört zu den schönsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Es wurde etwa im Jahr 116 oder 117 n.Chr. unter Kaiser Trajan erbaut. Auch fast 2.000 Jahre später steht dieses antike Theater in der Stadt und lädt zu unterschiedlichen Veranstaltungen ein.

Nicht nur die Römer haben Plovdiv geprägt: Die Stadt gehörte lange zum Osmanischen Reich. Unter dem Namen „Filibe“ erlebte sie eine wirtschaftliche Blüte mit großem Reichtum, das noch heute in den Wiedergeburtshäusern zu sehen ist. Diese Bauten sind Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden und prunken mit schönen Fassaden und verschnörkelten Fensterläden. Der Name der Gebäude kommt von der „Wiedergeburt“ Bulgariens, da sich das Land zu der Zeit vom Osmanischen Reich trennte. Die meisten der Häuser sind öffentlich zugänglich.

Überall begegnet man dem Begriff der „Thraker“. Das war ein indoeuropäisches Volk bzw. eine Völkergruppe in der Antike, deren Siedlungsgebiet sich östlich von Makedonien bis an das Westufer des Schwarzen Meeres erstreckte und die auch in der Geschichte Plovdivs eine Rolle gespielt haben.

Marion hat sich zwanglos neben eine Status in der Nähe des römischen Theaters gesetzt.

Dabei handelt es sich um eine Skulptur zum Andenken an den Musiker Sasho Sladura.

Alexander Georgiev Nikolov, Spitzname Sasho Sladura (der Süße), ist ein berühmter bulgarischer Jazzmusiker.

Nach seiner Rückkehr nach Bulgarien und nach der Auflösung des Königlichen Symphonieorchesters begann er als Soloviolinist im Orchester des Restaurants im Hotel Bulgaria zu spielen, wo er zum Liebling des Publikums wurde und wegen seiner fröhlichen und lustigen Art den Spitznamen Sasho Sladura erhielt. Die kommunistischen Machthaber waren häufig zu Gast auf Partys, die für die Menschen in den Fabriken und auf den Baustellen unzugänglich waren. Sladura scheute sich nicht, Witze über den Sozialismus und die Machthaber zu machen.

Doch die Zeit nach 1956, als Todor Schiwkow an die Macht kam, wurde für die Bohemiens besonders gefährlich. Dann begann die Staatssicherheit, Sladura zu überwachen, und Agenten der Dienste belauschten ihn und zeigten ihn täglich und überall an. Die Objektmappe, wie die Polizisten Sascho in seiner Akte nannten, wurde immer dicker. Doch der Spaßvogel hörte nicht auf, seine Witze über die neuen Machthaber zu reißen. Am 25. Dezember 1959 erhielt er seine erste Strafe wegen Untergrabung des Ansehens der Volksmacht und der bulgarisch-sowjetischen Beziehungen. Verurteilt zu 1 Jahr, verbrachte Alexander Nikolov 7 Monate im Gefängnis.

Er genoss jedoch nicht lange seine Freiheit. Am 19. August ordnete das Innenministerium die Deportation des Musikers in das Razgrader Dorf Ushintsi an, wo er in der dortigen landwirtschaftlichen Genossenschaft arbeiten sollte. Doch schon Ende 1959 begann Mircho Spasov, eine Liste für die Liquidierung von “abtrünnigen Elementen” zu erstellen, und an erster Stelle stand Alexander Sladura Nikolov. Er war dazu bestimmt, in ein Arbeitslager in Lovech geschickt zu werden. Es gibt verschiedene Versionen. Eine davon besagt, dass der Grund für die Einweisung des Musikers in ein Lager ein Scherz der “Polizei” war.

Am 15. September 1961 wurde Sascho verhaftet, und nachdem er acht Nächte in den Zellen der Staatssicherheit verbracht hatte, fand er sich im Arbeitslager Sunny Beach in der Nähe von Lottsch wieder. Die Anweisungen an den Lagerleiter Nikolai Gazdov und seine Assistenten waren eindeutig – Sladura sollte eines “natürlichen Todes” sterben. Einigen zufolge wurde Sladura am Tag seiner Ankunft in Lovech getötet, anderen zufolge überlebte er nur 11 Tage. Er wurde nach Schlägen, Misshandlungen, Demütigungen und Spott getötet. In der Sterbeurkunde wird als Todesursache Mandelentzündung angegeben.

Unabhängig davon, wie und wann er starb, hinterließ Sladura mit seinem natürlichen Sinn für Humor und seinem musikalischen Talent einen bleibenden Eindruck und wurde zur Legende. Viele seiner Witze werden noch heute erzählt. Andere Anekdoten wurden umgeschrieben und mit einer modernen Wendung erzählt.