Tag 122: Flamenco

Heute sind zwei Dinge zusammengetroffen: wir sind immernoch von den tollen Tänzen am Mittwoch in Mijas beeindruckt und das Wetter war bedeckt und sehr stürmisch.

Also eine gute Gelegenheit sich im gemütlichen Carthago über diese einmaligen Kunstform, die ja schließlich ihren Ursprung hier in Andalusien hat, zu informieren.

Der Flamenco ist ein seit dem 19. Jahrhundert populäres Kunstgenre, dessen Repertoire aus Liedern und Tänzen sich durch eine charakteristische Vortragsart auszeichnet, deren Wirkung insbesondere im Tanz durch eine typische Flamencokleidung und in der Gitarrenbegleitung durch bestimmte Rhythmen und Techniken ergänzt wird.

Die Entstehung des Flamenco zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist mit der historischen, sozialen und kulturellen Entwicklung der südspanischen Region Andalusien eng verbunden. Seit den ersten Manifestationen des Flamenco spielt dabei die Bevölkerungsgruppe der andalusischen Gitanos eine herausragende Rolle.

Obwohl sich vor dem ausgehenden 18. Jahrhundert keine musikalisch verwertbaren Quellen zu möglichen Frühformen des Flamenco auffinden lassen, gibt es Autoren, die von einer sich über mehrere Jahrhunderte erstreckenden Entwicklungsgeschichte ausgehen und Einflüsse unter anderem der byzantinischen, arabischen, indischen und jüdischen Musik auf die Entstehung des Flamenco vermuten.

Trotz meiner musikalischen Ausrichtung, die eher im Richtung der 60er Rockmusik ging, bin ich als Gitarrist doch mit einem modernen Flamenco-Gitarristen in Berührung gekommen: zur Spieltechnik von Paco de Lucía haben wir alle bewundernd aufgeschaut.
Das künstlerische Schaffen und die Karriere des Gitarristen Paco de Lucía stehen stellvertretend für die Internationalisierung des Flamenco als globale, in vielen Ländern praktizierter Kultur. Er wurde durch seine spieltechnische Virtuosität und die Offenheit gegenüber unterschiedlichsten Genres und Trends zum Vorbild und Idol nachfolgender Gitarristengenerationen.

Ein kleiner Ausflug in die Musiktheorie für den interessierten Leser baut eine Brücke zwischen dem Flamenco im Video und meiner persönlichen Musikvorliebe: die Andalusische Kadenz. Der lineare Aspekt des Modells besteht in dem phrygischen Tetrachord der Unterstimme, der Harmonische in der Rückung von Dreiklängen. Die Stimmführung (Quintparallelen) dürfte ihren Ursprung in der Gitarren- bzw. Lautenmusik haben. Auch in der Rock- und Popmusik ist das Modell anzutreffen.

Ein Beispiel:

Aber genug jetzt… wieder zurück zum Flamenco.

Es gäbe noch viel zu schreiben, aber ich will ja nicht langweilen 😂.

Deshalb reduziere ich mich auf ein paar Ausführungen zum Gesang (cante) und zum Tanz (baile flamenco).

Der Gesang (cante) gilt als zentrales Element des Flamenco, seine Interpreten werden als cantaor bzw. cantaora bezeichnet. Einige Gesangsformen stellen auf Grund ihrer virtuosen Melismatik hohe gesangstechnische Anforderungen. Die Gesangstrophen werden oft durch eine stimmliche Vorbereitungsphase, dem temple oder seiner dramatischeren Variante, dem gipío mit Vokalisen, also sinnfreien oder onomatopoetischen (Lautmalereien) Lautkombinationen vorbereitet.

Die Texte werden traditionell in regionalen andalusischen Dialekten gesungen, die in ihrer Aussprache und mit aus dem Vokabular des Caló (Sprache) übernommenen Gitanismen teilweise stark vom Standard der spanischen Hochsprache abweichen. Sie bedienen sich häufig des lyrischen Ichs und artikulieren elementare, in ihrer Schicksalshaftigkeit als unabwendbar empfundene menschliche Erfahrungen, wie Verluste oder die Unerreichbarkeit der Liebe. Selbst bei der Thematisierung kollektiven Leids und sozialer Ungerechtigkeit dienen Flamencotexte nur selten der Artikulation politischer Positionen, sondern verharren zumeist in einer fatalistischen Weltanschauung.

Flamencotänzerinnen und -tänzer haben durch die von Sprachbarrieren unabhängige Attraktivität ihrer Darbietungen in erheblichem Maße zur Internationalisierung des Flamenco beigetragen.

Der Flamencotanz ist nicht nur auf die rhythmische Fußtechnik zentriert, vielmehr ist jeder Teil des Körpers beteiligt: Oberkörper, Arme, Hände, Finger, ja selbst die Blickrichtung und der Gesichtsausdruck sind wichtig. Vor allem die langsamen Passagen verlangen von einem Tänzer bzw. einer Tänzerin Ausdrucksstärke, um die Spannung aufrechtzuerhalten. Die vielgestaltige Abwechslung zwischen schnellen Zapateados und langsamen Passagen machen den Reiz und die Schönheit des Flamenco-Tanzes aus.

2 Kommentare

  1. Katty true, but not sure:

    Zu Herkunft und Gebrauch des Begriffs gibt es zahlreiche, teilweise durch ihren rein spekulativen Charakter umstrittene Hypothesen.

    Flamenco (von spanisch flamenco für „flämisch“ bzw. „Flame“; von niederländisch vlaming „Flame“) ist ursprünglich die spanische Bezeichnung für einen Bewohner der Spanischen Niederlande. Nach dem seit Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts weitgehend akzeptierten Erkenntnisstand erfuhr die Bezeichnung „flamenco“ in der Bedeutung „flämisch“ einen Bedeutungswandel, wobei sich diese nunmehr nicht mehr auf die vermutete Herkunft oder eine äußerliche Andersartigkeit bezog, sondern auf ein Verhalten, das man als „frech, laut, anmaßend“ empfand.

Kommentare sind geschlossen.